Rezension von Lena, 16 Jahre alt
Ophelia sieht Staub. Keinen ganz normalen Staub, wie er auf
jedem Bücherregal liegt, nein, es ist Zeitstaub,
das wollen ihr jedenfalls ihre komischen Verwandten aus Paris weismachen. Damit
kann Ophelia die Zeit manipulieren, sie ist eine sogenannte Zeitlose, genau wie ihre ältere
Schwester Grete. Kaum in Paris angekommen, ist sie auch schon auf dem Weg zum
Bernsteinpalast, einem Ort, an dem die Zeit stillsteht und sich alle Zeitlosen,
die nur noch wenig verbliebene Lebenszeit übrighaben zurückziehen, um ewig
leben zu können. Mit dabei ist der schweigsame Leander, der nie jemandem in die
Augen blickt. Leander und Grete treten mit zwei anderen Sprösslingen der vier
Familien der Zeitlosen in einem Wettkampf gegeneinander an, der darüber
entscheidet, wer der nächste „Herr der Zeit“ wird. Doch als die vierte
Teilnehmerin plötzlich verschwindet, ernennt der amtierende „Herr der Zeit“ Ophelia
zur neuen Kandidatin. Als dann auch noch les
tempes, der Fluss der Zeit, verrücktspielt und Indianer im Central Park
aussetzt fängt das Chaos erst so richtig an. Außerdem scheinen manche Leute im
Bernsteinpalast mehr über den mysteriösen Unfall, bei dem Ophelias Vater vor
acht Jahren starb, zu wissen, als sie preisgeben wollen. Es scheint als wäre
Ophelia der größten Verschwörung in der Geschichte der Zeitlosen auf der Spur…
„Bernsteinstaub“ hat mir wirklich gut gefallen, auch wenn
die Geschichte etwas Zeit braucht, um Schwung aufzunehmen. Die Idee der
Zeitmanipulation und die daraus resultierenden Erklärung, warum die Zeit
manchmal unterschiedlich schnell vergeht, ist im wahrsten Sinne des Worts
phantastisch. Das Buch wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, zum
einen aus Ophelias, die den Großteil der Geschichte erzählt und zum anderen aus
der Sicht Leanders. Das Rätsel warum Leander niemanden ansieht ist auch ein
sehr interessantes, das mich wirklich überrascht hat. Es handelt sich dabei
nämlich nicht um die Folgen eines Traumas, wie ich zuerst annahm, sondern um
eine ganz besondere Gabe. Die Entwicklung, dass Ophelia und Leander sich immer
mehr vertrauen, hat mir besonders gut gefallen, denn sie hat genau den Platz im
Buch eingenommen, den sie braucht, um authentisch zu wirken. So ernst das Buch
an manchen Stellen auch ist, man kann durchaus auch schmunzeln, denn manche Szenen
sind einfach unfreiwillig komisch, zum Beispiel die, mit dem hysterischen
Kutscher im Central Park, der seinen plötzlichen Zeitsprung nicht mitbekommen
hat. Durch die ersten paar Seiten muss man sich etwas durchbeißen, dann aber
wird man mit einer packenden und fantasievollen Geschichte belohnt.
Bernsteinstaub
von Mechthild Gläser
aus dem Loewe Verlag
ISBN: 978-3785588604